Personalnotstand

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Schönheit, Sexismus und Rassismus, quasi im Vorübergehen.

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Schönheit, Sexismus und Rassismus, quasi im Vorübergehen.

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In der österreichischen Psychiatrie herrsche Personalnot, verlauten die Nachrichten. Ich ziehe den Zündschlüssel ab. Das Radio verstummt. Die Tür fliegt zu. Ich verlasse den Parkplatz. Mein Ziel ist das Geschäft mit dem speziellen Bleichmittel für Zähne in der Fußgängerzone. Im Weg steht ein Mann, er brüllt, dass Österreich keine schönen Frauen habe. Das dürfe man nicht sagen, denn es sei rassistisch. Darauf stehe schwerer Kerker. Er schimpft vor sich hin und wechselt zwischen Sexismus und Rassismus in seiner Diskriminierung von Frauen. Ich fühle mich unweigerlich betroffen. Im Gastgarten rühren Geschlechtsgenossinnen in Kaffeetassen. Sie ignorieren den Irren, wie ich auch, doch die Neugier obsiegt. Ich will wissen, wie er tickt. Ich schaue ihm nicht direkt in die Augen, weil ich weiß, Affen sähen darin Aggression. Er flucht weiter vor sich hin. Und er wird mir egal.

Jedoch bewegt mich die Idee, wie eine schöne Frau wohl auszusehen habe, wenn sie Österreich hervorgebracht hätte. Wie Johanna ­Dohnal? Das gefiele mir gut! Was erachtete der Mann als rassistisch? Ich erinnere mich, das niemand in meiner katholischen Umgebung Johanna Dohnal als schön gesehen hätte, dabei war sie sehr gestylt. Ich will das Bleichmittel für Zähne kaufen, doch das Geschäft hat für immer geschlossen. Ist es universell rassistisch, weiße Zähne haben zu wollen? Zähne zu haben ist normal, aber nicht selbstverständlich. Geishas in Japan gelten als schön, wenn sie ihre Zähne schwarz eingefärbt hatten. Die Zähne sind wichtig, aber die Farbe scheint kulturell egal zu sein. Ich gehe auf einen kleinen Schwarzen in eine x-beliebige Bar am Platz. Die Kellnerin fällt mir zunächst nicht auf. Erst mit der Frage, ob sie schön sei. Aufgespritzte Lippen, gepolsterte Wangen. Die Beziehung zwischen Schönheit und Psychiatrie liegt in Österreich aus welchen Gründen nahe?

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